Bei
meinem Vater wurde ein bösartiger Tumor im Darm festgestellt. Er lag
fast drei Wochen im Krankenhaus und wurde dort operiert.
Er hat nun auch einen künstlichen Darmausgang, was sicher erst mal
nicht so einfach für ihn sein wird! Die OP hat er gut überstanden
und seit vier Wochen ist er wieder zu Hause. Uns hat er gesagt das
keine Metastasen vorhanden sind aber ich habe mir den Bericht
durchgelesen und da steht etwas ganz anderes. Im Krankenhaus wurde
meinem Vater nicht mitgeteilt wie es wirklich um ihn steht und auch
wir Angehörige wurden nicht informiert. Mein Vater und meine Mutter
haben erst durch den Hausarzt von den Metastasen erfahren. Laut dem
Bericht hat er Metastasen in der Leber und auch im Bauchraum und die
Chemotherapie kann nur palliativ sein, und das heißt ja das der
Krebs nicht mehr heilbar ist sondern nur noch sein Zustand durch die
Chemo verbessert werden kann, eventuell das Tumorwachstum verzögern,
die Lebensqualität verbessert werden kann. Das hat uns dann der
Onkologe auch bestätigt. Mein Vater möchte die Chemotherapie
machen, zumindest wird geschaut ob er sie ganz gut verträgt. Den
ersten Zyklus hat er nun schon hinter sich und soweit auch ganz gut
vertragen aber großartig gebessert hat sich leider nichts. Seine
Blutwerte sind zwar ganz gut aber durch die Chemo mag er noch weniger
essen als vorher und bekommt nun auch Energiedrinks das er wenigsten
ein paar Kalorien am Tag zu sich nimmt.
Du
kannst Dir sicher vorstellen was für ein Schock das für meine
Eltern gewesen ist, auch für mich aber noch schaffe ich es nicht
alles so nah an mich heran kommen zu lassen. Ich habe irgendwie in
meinen früheren Krankenschwestermodus gewechselt und sehe alles aus
einer anderen Sichtweise.
Mein
Vater ist am Boden zerstört und völlig neben der Spur. Er redet
nicht darüber aber er grübelt den ganzen Tag und lässt sich nun
völlig hängen. Meine Mutter muss ihm bei so vielen Dingen helfen,
Waschen, Anziehen...er liegt nur noch in seinem Sessel und starrt an
die Decke. Für ihn ist eine Welt zusammen gebrochen. Er fährt nun
auch kein Auto mehr und das war ja immer sein Leben. Er hat ja immer
noch seine Stammkunden aus früheren Taxizeiten gefahren, die ganzen
Leute aus der Blindenwerkstatt...und das fällt nun endgültig alles
weg. Damit muss ein Mensch auch erst einmal klar kommen.
Leider
ist er auch sehr gereizt und ungerecht, schimpft viel und gibt
patzige Antworten, was meine Mutter zusätzlich belastet. Ich habe
ihr aber gesagt das sie sich das auf keinen Fall gefallen lassen
muss. Niemand kann etwas dafür das Papa krank ist. Ich habe auch
schon mit ihm gemeckert weil er so ekelhaft war, ich lasse mir das
nicht gefallen! Und das muss man die Leute auch spüren lassen!
Einen
Pflegedienst könnten wir sofort bekommen der alles nötige macht und
Mama damit etwas entlastet aber Papa will anscheinend nicht das
fremde Leute ihn waschen usw. - gut ich kann es ja auch verstehen
aber ewig wird Mama das auch nicht machen können.
Dazu
ist sie körperlich gar nicht in der Lage! Im Moment ist es
wahrscheinlich auch noch zu früh und es ist ja auch so wahnsinnig
viel was da alles auf Papa eingestürzt ist, das muss er erst mal
verarbeiten. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Wer
gesteht sich schon gerne ein das er nicht mehr kann und fremde Hilfe
in Anspruch nehmen soll/ muss? Es ist alles einfach völlig surreal
für mich...ich kann das gar nicht richtig beschreiben.
Am
Mittwoch kommt ein Gutachter wegen einer Einstufung für Pflegegeld.
Bin mal gespannt wie das laufen wird und ob meine Eltern was bekommen
würden. Der Hausarzt meinte das wir das unbedingt machen sollten,
von alleine hätten meine Eltern das sicher nicht in die Wege
geleitet.
Ich
weiß einfach auch gerade gar nicht was ich fühlen und denken soll.
Irgendwie habe ich in den letzten Wochen funktioniert, bin immer nach
der Arbeit ins Krankenhaus und dann wieder zu meiner Mutter gefahren,
mit ihr einkaufen usw.
Ich
weiß auch nicht wie alles werden soll...mein Vater wollte ganz
bestimmt nie ein Pflegefall werden. Immerhin hat er eine
Patientenverfügung. Meine Mutter macht sich natürlich auch viele
Gedanken und ich weiß nicht wie ich helfen könnte denn ich fühle
mich selber total überfordert und hilflos! Ohne das neue Medikament
ginge es mir wahrscheinlich noch sehr viel schlechter.